Schlaganfall beim Hund – Was wirklich dahintersteckt
Wenn ein Hund plötzlich eine Schiefhaltung des Kopfes zeigt, unsicher läuft oder gar umfällt, denken viele Hundehalter sofort an einen Schlaganfall. Doch die Diagnose „Schlaganfall“ ist bei Hunden äußerst selten und in den meisten Fällen irreführend. Häufig steckt hinter diesen Symptomen eine andere, oft weniger dramatische Ursache, die jedoch korrekt erkannt werden muss, um ein unnötiges Einschläfern zu verhindern.
Was ist ein Schlaganfall?
Ein Schlaganfall – oder medizinisch korrekt „zerebrovaskulärer Unfall“ (CVA, Cerebrovascular Accident) – beschreibt eine plötzliche Unterbrechung der Blutversorgung im Gehirn. Dies kann durch einen Gefäßverschluss (Thrombus oder Embolus) oder eine Blutung geschehen. Die Folge ist eine Schädigung des betroffenen Gehirnareals. Während dies bei Menschen relativ häufig auftritt, ist es bei Hunden eine absolute Seltenheit.
Symptome eines Schlaganfalls beim Hund
Die Symptome eines Schlaganfalls sind vielfältig und hängen vom betroffenen Hirnareal ab. Mögliche Anzeichen sind:
* Plötzliche Kopfneigung
* Kreislaufen oder Orientierungslosigkeit
* Schwäche oder Lähmung einer Körperseite
* Augenbewegungen (Nystagmus)
* Bewusstseinsstörungen
Allerdings können genau diese Symptome eben auch bei anderen neurologischen Erkrankungen auftreten – insbesondere beim sogenannten geriatrischen Vestibularsyndrom.
Geriatrisches Vestibularsyndrom – häufig als „Schlaganfall“ fehldiagnostiziert
Das Geriatrische Vestibularsyndrom tritt überwiegend bei älteren Hunden auf und ist eine der häufigsten Ursachen für die oben genannten Symptome. Es handelt sich um eine Störung des Gleichgewichtsorgans, die plötzlich und scheinbar dramatisch auftritt. Hunde mit dieser Erkrankung zeigen oft:
* Schwere Kopfschiefhaltung
* Kreisbewegungen
* Starke Unsicherheit bis zum Umfallen
* Übelkeit und Erbrechen
Die genauen Ursachen des Geriatrischen Vestibularsyndroms sind bis heute nicht vollständig geklärt, jedoch wird angenommen, dass altersbedingte Veränderungen des Gleichgewichtsorgans oder Durchblutungsstörungen eine Rolle spielen könnten.
Trotz des besorgniserregenden Erscheinungsbildes ist die Prognose in den meisten Fällen hervorragend: Innerhalb weniger Tage bessern sich die Symptome oft deutlich, und die Hunde können wieder normal laufen. Während meiner Zeit in der Neurologie an der Uniklinik habe ich unzählige dieser Fälle gesehen und erlebt, wie die Hunde nach wenigen Tagen schwanzwedelnd und bei bestem Allgemeinbefinden die Klinik wieder verlassen.
Warum die Diagnose „Schlaganfall“ so oft gestellt wird
Es sind nicht nur besorgte Hundehalter, die schnell von einem Schlaganfall ausgehen. Auch Tierärzte, die in der Neurologie weniger bewandert sind, stellen diese Diagnose häufig, wenn sie mit den Symptomen eines geriatrischen Vestibularsyndroms konfrontiert werden. Diese Fehldiagnose kann gravierende Folgen haben, da sie oftmals zum Einschläfern führt, obwohl der Hund gute Chancen auf eine vollständige Erholung hat.
Wie wird ein Schlaganfall korrekt diagnostiziert?
Die Diagnose eines wirklichen Schlaganfalls erfordert eine umfassende neurologische Untersuchung sowie weiterführende Diagnostik, wie beispielsweise:
* Blutuntersuchungen
* Bildgebung (MRT, CT)
* Untersuchung der Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit (Liquor)
Fazit
Die Symptome eines vermeintlichen „Schlaganfalls“ beim Hund sind in den meisten Fällen auf andere, weniger bedrohliche Ursachen zurückzuführen, insbesondere auf das Geriatrische Vestibularsyndrom. Eine genaue Diagnose ist aber ganz entscheidend, um den Hunden die Chance auf Genesung zu geben. Wenn Sie den Verdacht haben, dass Ihr Hund einen Schlaganfall (oder eben ein Geriatrisches Vestibularsnydrom) hat, suchen Sie bitte einen spezialisierten Tierarzt oder Neurologen auf.
